Die
Landeshauptstadt München besitzt rund 1600 Liegenschaften. Um deren
Verwaltung effizienter zu gestalten, wird seit einigen Jahren an der
Entwicklung eines zentralen Energiemanagement-Systems gearbeitet. Das
System basiert auf Standards, die eine weitgehende Unabhängigkeit bei
der Hard- und Softwareauswahl garantieren. Für die stadteigenen Liegenschaften
entsteht so ein Erfassungs-, Auswertungs- und Steuerungssystem, in das
auch kleine und mittlere Objekte - wie Kindergärten und Schulen - problemlos
eingebunden werden können.
Die
Konzeption für das "Münchner Energie-Management-System (MEMS)" zur effektiven
Verwaltung der städtischen Liegenschaften wurde 1993/94 erarbeitet.
Das System umfaßt insgesamt 16 Funktionsbausteine, die sukzessive installiert
werden. Ziel ist es, alle Bausteine zu einem umfassenden System zu verknüpfen
[1][2].
In Bild l sind die einzelnen Funktionsbausteine dargestellt, von denen
bereits einige realisiert wurden. Zum 1.1.1998 wurde beispielsweise
das neue System zur "Abrechnung von Verbräuchen" (ADS-Verfahren, s.
Bei-trag ab S. 59) in Betrieb genommen. Installiert sind auch schon
die Bausteine "Gebäudeautomatisierungsknoten" (GA-Knoten) und "Leitzentrale
Haustechnik (LZH)". Aufbau und Arbeitsweise dieser beiden Systeme werden
im folgenden vorgestellt.
|
Kostenintensive
Erstkonzeption aus den 80er Jahren
Schon 1986 gab die Landeshauptstadt München ein Gutachten
zur Entwicklung eines Zentralen Leitsystems in Auftrag. Ziel war es.
die Betriebsführung aller technischen Anlagen in den stadteigenen Liegenschaften
zu verbessern. Im Gutachten wurde die Errichtung von vier Betriebszentralen
empfohlen, die gleichzeitig als Standorte für mobile Wartungsmannschaften
dienen sollten. Als neutrale Schnittstelle für die Datenübertragung
war der vom AMEV eingeführte Standard FND 1.0 vorgesehen [3]. Die Kosten
für diese Maßnahme wurden mit ca. 38 Mio. DM veranschlagt, die vier
Betriebsgebäude schlugen mit weiteren ca. 10 Mio. DM zu Buche.
Angesichts der hohen Kosten entschied man sich, den Anschluß an eine
Leitzentrale zunächst nur bei Neubauten sowie größeren Sanierungs- und
Umbaumaßnahmen vorzunehmen und die MSR-Anlagen in DDC-Technik auszuführen.
Doch die Erfahrungen der ersten Betriebsjahre machten deutlich, daß
diese Konzeption - trotz des Vorteils einer neutralen Schnittstelle
- nicht beibehalten werden konnte:
- Die
Direktübertragung mittels FND 1.0 führte zu einer regelrechten Datenschwemme.
-
Die Einzelparametrierung vor Ort je Objekt war zu zeit- und kostenaufwendig.
-
Für kleinere Objekte fielen zu hohe Kosten an.
-
Die Datenübertragungswege waren nicht optimal.
-
Die vier Betriebszentralen konnten wegen fehlender Finanzmittel nicht
errichtet werden.
Neukonzeption
mit dezentralem Ansatz
Im Jahre 1993 wurde die Idee geboren, jedes Gebäude mittels
eines sogenannten "Gebäude-Automatisierungsknotens" (GA-Knoten) autark
zu betreiben. Alle Daten sollten nicht wie bisher an eine Betriebszentrale
geleitet, sondern zunächst vor Ort aufbereitet und zwischengespeichert
werden. Dieser Ansatz hat verschiedene Vorteile:
Wie arbeitet die Leitzentrale Haustechnik (LZH)?
Im Münchener Energie-Managementsystem sollen alle Daten zu haustechnischen
Anlagen in städtischen Liegenschaften in der Leitzentrale Haustechnik
(LZH) verwaltet werden. Neben Ereignisdaten sind dies auch objektbezogene
technische Dokumente (z. B. Grundrisse, Technikpläne), Auswertergebnisse
und Stammdaten.
Die Bedienstationen der Nutzer werden über ein lokales Netzwerk (LAN)
an den LZH-Server angeschlossen und greifen auf dessen Daten zu. Die
Bedieneroberfläche ist für alle Benutzer gleich, unabhängig
von Standort, Objekt und installierten Anlagen. Zusätzlich können die
aktuellen Ist-Werte abgefragt und im belebten Schemata dargestellt werden.
Bei Bedarf können Schalt- und Stellbefehle abgesetzt werden. Die Verwendung
von Standart-Schnittstellen ermöglicht eine weitgehende Herstellerunabhängigkeit
bei allen bei allen Systemkomponenten.
|
Durch
Einsatz verfügbarer Standard- Hard- und Software können Beschaffungskosten
gesenkt und bereits getätigte Investitionen langfristig genutzt werden.
Dies wird auch durch eine modulare Anpassung an neue Gegebenheiten unterstützt.
Die Entwicklung der LZH im Rahmen des MEMS wird vom BMBF gefördert und
soll nach Abschluss (bis Ende 1999) allen Verwaltungen zugänglich gemacht
werden. Erste Testläufe werden bereits durchgeführt.
-
Die
an die Zentrale übermittelten Daten werden auf ein Maß reduziert,
das für die Betriebsführung erforderlich ist (z.B. unmittelbare Datenübertragung
nur bei Störmeldungen).
-
Zur Datendokumentation können die im GA-Knoten gespeicherten Daten
einzeln selektiert und auf einer zentralen Datenbank abgelegt werden.
-
Durch Typisierung und Vereinheitlichung der Datenstruktur für alle
Objekte wird eine aufwendige Administration überflüssig.
-
Die Daten werden über das flächendeckende ISDN-Netzwerk weitergegeben.
In der Neukonzeption bleibt die neutrale Schnittstelle mittels FND zwar
erhalten, wird aber ergänzt für die Übertragung der zwischengespeicherten
Daten und die Para-metrierung des GA-Knotens. Beides
führte zur Einführung des sogenannten "Karteipunkts", der als ein dreidimensionales
Gitternetz die Definition und Speicherung der jeweiligen Daten je Gitterpunkt
ermöglicht und als Erweiterung von FND 1.0 anzusehen ist. Der GA-Knoten
wurde daraufhin ausgeschrieben.
Seit 1995 werden die städtischen Gebäude sukzessive mit dem GA-Knoten
ausgestattet (s. Info-Kasten). Einzige zentrale Datenbank ist die Leitzentrale
Haustechnik (LZH) (s. Info-Kasten). Eine Bedienung der Anlagen ist von
jedem ISDN-Anschluß möglich. Die Bedienoberfläche wird einheitlich gestaltet
und ist von herstellerspezifischen Produkten unabhängig. Dadurch wird
die Handhabung der
Stationen für das eigene Bedien- und Wartungspersonal erleichtert -
unabhängig vom eingesetzten Regelfabrikat. Wartung. Inspektion und Störbeseitigung
der haustechnischen Anlagen werden von mehreren "mobilen Trupps" durchgeführt,
die über das ganze Stadtgebiet verteilt sind. Mit Hilfe einer mobilen
Bedienstation (z.B. Laptop) können sie von jedem ISDN-Anschluß aus den
Zustand der Anlagen erfassen und erforderliche Eingriffe vornehmen.
Kosteneinsparung
in Millionenhöhe
Durch
die Realisierung des GA-Knotens in Verbindung mit dem ISDN-Netz und
der Errichtung einer einzigen Zentrale - der Leitzentrale Haustechnik
(LZH) - konnten gegenüber der ursprünglichen Konzeption Kosten in Millionenhöhe
eingespart werden:
-
Die vier Betriebszentralen für ca. 10 Mio. DM können entfallen, da
jede Bedienstation mit einheitlicherOberfläche ausgestattet ist und
nunmehr stadtweit an jedem Arbeitsplatz auf sämtliche Daten der LZH
zugegriffen werden kann.
-
Die Kosten für die FND-Schnittstelle reduzieren sich durch den Einsatz
des GA-Knotens von ursprünglich ca. 50000DM auf nunmehr ca. 5 000
DM je Objekt.
-
Da das System produktunabhängig arbeitet, können die Ausschreibungen
offen gehalten werden und somit günstigere Angebote für MSR-Anlagen
erzielt werden. Die Einsparungen betragen nach unseren Erfahrungen
30-50% gegenüber produktgebundenen Vergaben.
Weiterentwicklung
des Systems - Einbindung des Local Operating Network (LON)
Für
die Landeshauptstadt München wird derzeit ein Verwaltungsgebäude mit ca.
1200 Büros errichtet. Erstmals soll hier neben der bereits standardmäßigen
Ausrüstung mit GA-Knoten und Anschluß von DDC-Regelanlagen auch das Local
Operating Network (LON) zum Einsatz kommen. Der Vorteil dieser Systemmodifikation
ist, daß mit LON unterschiedliche Anwendungen wie Einzelraumregelung,
Sonnenschutz- und Lichtsteuerung verschiedener Hersteller in ein Gesamtsystem
integriert werden können (Bild 2).
Für den Anschluß des LON an den GA-Knoten werden Hard-
als auch Software-Komponenten benötigt. Zur Minimierung des Parametrier-
und Kommunikationsaufwandes werden die FND-Datenpunkte anstelle der "Network-Variables"
direkt abgebildet und damit auch die zugeordneten Operationen ermöglicht.
Das LON wird über den sogenannten "Serial LonTalk Adapter" (SLTA) direkt
an den GA-Knoten angeschlossen. In jedem LON-Knoten steht die volle Funktion
für bis zu 256 FND-Datenpunkte zur Verfügung (z.B. Melden, Schalten, Stellen,
Grenzwertüberwachung usw.).
Das flächendeckende
LON-Netzwerk und die gewerkeübergreifende Zusammenfassung der Datenpunkte
aller betriebstechnischen Anlagen im GA-Knoten schafft die Voraussetzungen
für eine Spitzenlastbegrenzung. Die Stromverbräuche werden vom GA-Knoten
kontinuierlich erfaßt und die Spitzenlast über das Überwachungsintervall
hochgerechnet. So können bei Bedarf geeignete Verbraucher abgeschaltet
werden.
Im Ausschreibungsverfahren konnte sich die LON-Lösung gegen andere Systeme
durchsetzen. Die Verwendung eines Netzwerkes für alle Gewerke minimiert
den Installationsaufwand erheblich und vereinfacht Überwachung sowie Betriebsführung
aller Anlagen. Durch den FND-bezogenen modularen Aufbau der LON-Knoten
entfällt zudem eine aufwendige Projektierung des LON-Netzwerkes.
Die lokale "Intelligenz" des LON-Knotens in jedem Büro und die zentrale
Zusammenfassung im GA-Knoten ermöglicht eine größere Flexibilität für
das Energiemanagement. Der modulare Aufbau und die Verwendung von firmenneutralen
und offenen Schnittstellen sichert langfristig Herstellerunabhängigkeit,
vor allem auch für spätere Erweiterungen. Die gewonnenen Erfahrungen fließen
in das MEMS ein und können auf andere Bauvorhaben übertragen werden. Dieses
läßt auch eine erhebliche Reduzierung der Kosten für Schulung, Verwaltung
und Betrieb des Gesamtsystems erwarten.
Helmut Schmidt
leitet die Abteilung Haustechnik und Heinz Funk ist Sachbegebietsleiter
im Bereich Gebäudeleittechnik im Baureferat Hochbau der Landeshauptstadt
München. Wolfgang Fries ist Inhaber eines Ing.büros für Datentechnik.
Herr Schmidt ist Mitglied des |AMEV|.
Wie
arbeitet der GA-Knoten?
Der Gebäudeautonations-Knoten [1][2] setzt sich
aus verschiedenen Bestandteilen zusammen:
ein handelsüblicher Personal Computer (PC)
mit den notwendigen Schnittstellen zu den DDC-Inseln und
dem ISDN-Netzwerk
einem Diskettenläufwerk
einer Festplatte
und einem optionalen Ereignisdrucker. Nur für die Inbetriebnahme
der Software "GA-Knoten" und eventuell zur Fehlersuche werden
Monitore und Tastatur benötigt. Der Standart-Schnittstellen-Adapter
(SSA) der DDC-Inseln und die speicherprogrammierbare Steuerung
(SPS) - auf die Aktoren und Geber direkt geschaltet sind - werden
über eine V 24-Schnittstelle (RS 232) an den GA-Knoten angeschlossen.
Der GA- Knoten arbeitet nach dem Programmstart autark und führt
Aufbereitung, Zwischenspeicherung und Überarbeitung der Daten
an die LZH sowie die Zeit- und Ereignis-Schaltprogramme aus.
|
Über
die FND-Datenpunkt-Adressen lassen sich die realen Datenpunkte
ansprechen. Das Softwarepaket "GA-Knoten" übernimmt automatisch
die Umsetzung der FND-Befehle in die Befehlsfolgen zur Ansteuerung
der DDC-Inseln und in umgekehrter Richtung in die FND-Meldungen.
Zusätzlich sind nur noch Datenpunkte zu definieren, die der Steuerung
des GA-Knotens durch die LZH dienen.
Der Zustand und die Werte der verschiedenen Datenpunkte können
anhand von spezifischen Parametern kontinuierlich erfaßt, überwacht
und im GA-Knoten zwischengespeichert werden. Lediglich Gefahr-
und Störmeldungen werden sofort an die LZH übertragen bzw. an
vorher festzulegende Stellen weitergeleitet, um gegebenenfalls
Reaktionen einzuleiten.
Das Programm "GA-Knoten" wurde von der LH München entwickelt und
kann interessierten Verwaltungen kostenlos zu Verfügung gestellt
werden.
|
Literatur
[l] Schmid,W: Energiemanagement in München -Auch für kleine Gebäude. Gebäudemanagement
4/98, S. 32/33
[2] Schmidt, H.; Funk, H.: Auf dem Weg zum umfassenden Energie-Management.
Die Bauverwaltung 70 (1997) H. 4, S. 187-189
[3] AMEV (1988): Planung und Ausführung von firmenneutralen Datenübertragungssystemen
in öffentlichen Gebäuden und Lie-genschaften (FND). Teil l FND-Spezifikation
Version 1.0 (inkl. Anmerkungen und Ergänzungen vom 8.1.90; vgl. auch DIN
32 735 und ENV 1805/2)
BBauBI-Heft 11/98
|